Wow! Endlich gibt das Fernsehen die Macht in die Hände der Zuschauer. Endlich dürfen die Zuschauer bestimmen welcher Sänger der Beste ist und eine Runde weiter kommt. Genau darum geht es bei der neuen interaktiven Musik-Show Keep Your Light Shining, die gestern Abend auf ProSieben ihre Premiere feierte. Also genauso, wie etwa auch bei Deutschland sucht den Superstar oder The Voice of Germany? Nun, nicht ganz – denn Keep Your Light Shining hat eine App. Somit ist die Sendung doch automatisch viel cooler, oder etwa nicht?
Die Grundidee von Keep Your Light Shining ist tatsächlich einfach und bestechend. Neun Sänger haben jeweils 30 Sekunden Zeit einen anderen Teil desselben Songs zu performen. Währenddessen können die Zuschauer in Echtzeit sagen, ob ihnen die Performance gefällt oder nicht. Der Kandidat mit den wenigstens Stimmen fliegt am Ende des Songs. Das ist simpel und schnell. Eigentlich. Denn ProSieben bläht diese Idee auf quälend lange zwei Stunden auf.
Eine Musikshow, wie jede andere?
Was man so auch schon von anderen Musikshows kennt, wird im Paket mit der (Web-)App als große Neuerung verkauft. Anders als beim Quizduell funktioniert diese auch. Kein Wunder, basiert sie doch auf dem bereits erprobten ProSieben Connect. Was kann also schiefgehen? Tatsächlich wird schon nach wenigen Minuten die erste Runde gespielt. Die Live-Band spielt setzt ein. Alles funktioniert und ich als Zuschauer bin glücklich. Naja, fast. Irgendwie fehlte mir das direkte Feedback. Wer führt gerade, wer wackelt? Da vermisse ich eine Aufbereitung, wie man sie etwa von Unser Star für Baku oder dem Morningstar kennt. Auch scheinen nur die Likes zu zählen. So spielt das Verhältnis aus Like und Dislike gar keine Rolle und pro Runde kann nur ein Kandidat rausfliegen.
Dass es außerdem, bei der durchaus guten Songauswahl zwischen Ellie Goulding und Nirvana, ab und zu unfair sein kann, wer nur einen Teil der Strophe und wer den Refrain singen darf, sei einmal dahingestellt. Dieser Part unterhält zumindest für die ersten paar Runden.
Ob es nun wirklich acht dieser Runden sein müssen? Ich weiß es nicht.
Los, wir müssen zwei Stunden Programm füllen!
Dazu kommen die unheimlich undynamischen Moderationen von Annica – ich lese aller zwei Sätze von meinen Karten ab – Hansen, zwei „Musikexperten“, die eigentlich nur bestimmen, wer in der nächsten Runde mit dem Song beginnen muss, sowie die absolut unnötigen Vorstellungsclips der Kandidaten – die man danach sowieso niemals wieder sehen wird. Denn der Gewinner kommt nicht etwa eine Runde weiter, sondern erhält ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro.
Außerdem durften die beiden „Musikexperten“ Alina Süggeler und Ricky Martin jeweils selbst noch einen Song performen und vor jeder Runde gab es 60 Warte-Sekunden in denen man sich vorher eingesprochene „Gedanken“ der Kandidaten anhören musste. Hier gibt’s dann solche Weisheiten wie: „Man hat nur 30 Sekunden und die müssen klappen.“ Danke.
Ich hatte über weite Strecken das Gefühl, dass die Sendung auf zwei Stunden angelegt war und auf Biegen und Brechen irgendwie gefüllt werden musste. Warum man sich dann nicht für eine knackigere Moderation entschieden hat? Fraglich. Warum man die Einspieler nicht wenigstens unterhaltsamer gemacht hat? Unklar. Warum kommen dann auch noch vier dieser Clips direkt hintereinander? Fatal.
Weniger ist mehr
ProSieben hat erneut Mut bewiesen und Keep Your Light Shining als weltweit erster Sender ausgestrahlt. Dafür: Hut ab! Bei der Umsetzung wurden allerdings, meiner Meinung nach, wieder viel zu viele Kompromisse gemacht. Viel zu viel wurde in die Sendung gestopft und bei der Auswahl der Moderation zu wenig Feingefühl bewiesen.
Ein halbstündiges Format, vielleicht noch aufgelockert durch ein paar flotte Moderationen, weniger Kandidaten und dazu ein hohes Tempo beim Spielen der Runden. Das hätte bei mir mehr Eindruck hinterlassen. Man bedenke: Acht Runden, jedes Mal abstimmen. Das artet beim Zuschauen schon fast in Arbeit aus. Dabei will ich beim Fernsehen doch entspannen.
Nach der ersten Sendung von Keep Your Light Shining bleibt mir nur ein flaues Gefühl und der Eindruck nach diesen zwei Stunden ziemlich genervt zu sein. Und das obwohl mir viele der Kandidaten, ihre Performances und die Songauswahl durchaus gefielen. Schade ProSieben. Schade.