Weniger peinlich, länger erzählt und ohne Alliterationen. Nach einem Jahr Stille kehrt die RTL-Kuppel-Show Schwiegertochter gesucht zurück und will alles anders machen. Ob das wirklich gelingt, wird sich zeigen. Aber egal wie die Quote ausfällt, vor allem für die oft kritisierte Moderatorin Vera Int-Veen dürfte die Staffel eine wichtige Station in ihrer Karriere sein.
Schon zu Beginn ist alles anders. Vera begrüßt die Zuschauer nicht in schrulliger Kulisse mit allerlei Alliterationen, sondern hält sich auffallend zurück. Erst nach vier Minuten erfährt man, dass sie überhaupt noch Teil der Sendung ist – ein zurückhaltender Teil. Stattdessen sieht man erst einmal alle Kandidaten und vor allem die Mütter der Söhne, die deutlich dominanter und nicht mehr wie eine peinliche Deko wirken.
Weniger Vera und mehr Raum für die Kandidaten
RTL hat sich vorgenommen den Kandidaten mehr Raum zu geben und das merkt man. Keine lustigen Schlager, keine peinlichen Schnittbilder und oft deutlich ernstere Momente. Jetzt ertönt moderne Popmusik, unter den Situationen liegen atmosphärische Klänge und es gibt viele, viele Gespräche und O-Töne, die versuchen die Emotionen der Kandidaten zu erzählen.
Vera bringt dem tierlieben Dennis zwar immer noch Kuchen mit, aber ansonsten kommentiert sie die Ereignisse nur noch wohlwollend und allein aus einer Interview-Situation heraus. Sie ist nicht mehr treibende Kraft beim Kennenlernen, sondern nur noch Protagonist. Selbst die Erzählstimme darf sie nicht mehr übernehmen. Ihr männlicher Ersatz versucht stattdessen nur noch mit und nicht über die Kandidaten zu lachen. Und als Kandidatin Rebecca dann davon erzählt, dass sie noch nie einem Partner hatte, kehrt sogar ein Moment der Stille, ja fast Andacht, ein. Einen gemeinen Spruch gibt es nicht.
Zudem nimmt man sich statt 40 Minuten satte anderthalb Stunden Zeit. Selbst Engel-Freund Heiko, den man schon aus früheren Staffel kennt, wird nicht mehr so schrullig und mit seltsamen Ritualen gezeigt – angeblich auf eigenen Wunsch, um einmal andere Seiten von sich zu zeigen. Der Grund dürfte aber woanders liegen.
Schwiegertochter gesucht reagiert nach vier Jahren auf den #Verafake
Dass Schwiegertochter gesucht so aussieht, dürfte vielmehr auch Jan Böhmermann und seinem Team vom Neo Magazin zu verdanken sein. Beim #Verafake hatte das Team einen Kandidaten bei der Sendung eingeschleust und aufgezeigt, wie sehr die Macher von Schwiegertochter gesucht die Kandidaten zu peinlichen Handlungen drängen und auch einem vermeintlich betrunkenen Protagonisten eine Unterschrift abringen, nur um mit ihm drehen zu können.
Schon danach war die Sendung in einer kleinen Identitätskrise und RTL in Erklärungsnot. Zwar gab es 2017 noch eine Staffel, ein Jahr später aber schon nicht mehr und nach der etwas schwächeren Staffel im Februar 2019 und der Vorstellung der neuen Söhne im Juni war es erst einmal still.
Was jetzt über den Bildschirm flimmert, ist kein schlechtes Fernsehen, es nimmt die Kandidaten, ihr tatsächliches Leben und die Suche nach der Liebe – zumindest oberflächlich – deutlich ernster. Ob das eher gut oder schlecht für die Quote ist, muss sich zeigen. Etwas langweiliger ist es dadurch nämlich auch. Schwiegertochter gesucht wirkt dadurch in Zeiten vom Bachelor, Are You The One und Paradise Hotel tatsächlich etwas aus der Zeit gefallen. Selbst wenn es die letzte Staffel ist: Am meisten dürften RTL und Vera von der neuen Staffel profitieren. Man kann sich als geläutert zeigen, als die lieben Gönner, die nur das Beste für die Kandidaten wollen. Menschen vorführen? Das machen andere. Und wie die letzte Einstellung eines Films könnte das vielleicht sogar verfangen.