Das neue TV total ist eine Hommage an früher. Nicht an das TV total, das sich 2015 zusammen mit Stefan Raab von den Bildschirmen verabschiedet hat, vielmehr an das TV total, das 1999 gestartet ist, um dem deutschen Fernsehen den Spiegel vorzuführen. Eigentlich genau das, was gefehlt hat. Wirklich warm werde ich damit dennoch nicht. Aber warum?
Eigentlich hat Prosieben alles richtig gemacht: Die Dosis auf einmal die Woche reduziert, mehr TV-Kritik, mehr Einspieler und mit Sebastian Pufpaff ein motivierter Moderator, der offenbar genau weiß, in welche große Fußstapfen er hier tritt und mit seiner Art der Moderation von Anfang an klar macht: Das hier ist TV total, wie ihr euch daran erinnert – nur der Moderator sieht ein bisschen anders aus.
Die Gags sind flach und platt wie früher, da wird sich über lustige Geräusche von Giovanni Zarrella lustig gemacht, über die Schwulen-Quote in Köln oder wer für Gregor Gysi „die schärfste Biene der FDP“ ist. Auch wenn er verkleidet als ZDF-Reporter oder BVB-Trainer Marco Rose versucht an der Security vorbei aufs Wetten-dass-Set oder ins Fußball-Station zu kommen, weckt das Erinnerungen an die „gute alte Zeit“ von TV total, als Stefan Raab noch nicht sein tägliches Programm mit ein paar uninteressanten Interviewgästen und das Zitieren von BILD-Schlagzeilen runtergespult hat.
Das neue TV total ist gut – macht mir aber keinen Spaß
Einzig: Das alles macht mir keinen echten Spaß. Ich habe die Entwicklung von Raab und dessen TV-Kosmos auf Prosieben über seine 16 Jahre miterlebt. Ich hatte immer Respekt für das was Raab für das Fernsehen getan hat und habe mir meine wohligen Erinnerungen an das was einmal war in meinen Gedanken abgelegt. Ich habe immer gesehen, dass das was dort passiert – und wie es passiert – eng mit der Person Stefan Raab verknüpft ist. In den guten wie den schlechten Momenten. Aber es war immer Raab.
Sebastian Pufpaff versucht dieses Gefühl wieder aufleben zu lassen. Das gelingt ihm in vielen Fällen auch. Aber er wirkt auf mich immer wie jemand, der Raab imitiert. Das fängt bei vielen kleinen Details an, wie dem Anlachen seiner eigenen Gags, der oft etwas schroffen und hemdsärmeligen Art oder wie er bei Einspielern versucht die an sich schon kuriose Situation noch einmal mit einer besonders ausgefallenen Verkleidung zu toppen – etwa als er das Wetten-dass-Set noch einmal im Helene-Fischer-Kostüm aufsuchen wollte.
Ist das Sebastian Pufpaff, der nur eine Rolle spielt?
Was ich Pufpaff aber nicht abkaufe ist, dass das auch alles er selbst ist. Ich fühle mich wie in einem „TV total“-Theaterstück in dem er die Rolle des Raab übernommen hat – ausgezeichnet sogar. Aber es fühlt sich so auch künstlich und wie eine Inszenierung an, während wir 1999 den originalen Raab mit all seinen Macken und Verrücktheiten bekommen haben. Der Kuhflecken-Hose, dem Puller-Alarm oder den Songs für Calgon-Werbefigur Dieter Bürgy.
Was ich mir stattdessen wünschen würde wäre, dass Pufpaff nach und nach seinen eigenen Stil findet, die Idee von TV total zu bewahren, gleichzeitig aber auch seine eigene Identität nicht hinter dem Konstrukt TV total und dessen Redaktion verstecken muss.