Das TVlab auf ZDFneo (Foto: Frank Krause / ZDFneo)
Das TVlab auf ZDFneo (Foto: Frank Krause / ZDFneo)

ZDFneo – Experiment geglückt

Seit dem gestrigen Samstag dürfen die Zuschauer nun endlich das Ergebnis des TVlabs auf ZDFneo bestaunen und über die Formate online abstimmen. Ich habe die Gelegenheit genutzt und alle Formate am Stück geschaut. Und tatsächlich, ich bin sehr positiv überrascht von dem, was ich da zu sehen bekam. Im Gegenteil: Meine anfänglichen Zweifel haben sich beim schauen aller zehn Piloten nicht bestätigt. Ein Totalausfall war nicht dabei, stattdessen fand ich z.B. Bullshit mit seiner Mischung aus Comedystreet und „heute show„-Beitrag überraschend amüsant. Dabei ist die Parallele wohl nicht zufällig, schließlich zeichnete sich u.a. wieder Thilo Gosejohann, der Bruder von Simon Gosejohann, für die Kameraarbeit verantwortlich. Diese macht er das ja auch schon seit Jahren erfolgreich in Comedy Street. Liebe auf Speed war jedoch genauso platt, wie erwartet. Wenn auch – zugegeben – kurzweilig. Irgendwie ein wenig wie bei Iss oder quizz.

Eine kleine Enttäuschung war neoXplorer, von dem ich mir deutlich mehr erwartet hatte. Die Idee zum Format, auf diese Weise ein fremdes Land kennenzulernen, ist einfach genial und z.B. bei Elton reist recht gut umgesetzt. neoXplorer versprach in den Trailern dazu die Hochglanzoptik, dank DSLR-Kameras. Doch genau diese werden zum Problem, wenn die beiden Moderatoren der Sendung Probleme habe den richtigen Schärfepunkt zu finden oder die Blende zu weit offen haben. Außerdem wirkten die Moderationen reichlich unmotiviert, wahre Emotionen, wie etwa die Freude etwas geschafft zu haben, vermochten die beiden nicht zu vermitteln.

Auch die einzige fiktionale Serie Scharfe Hunde war nicht ganz, was ich erwartet hatte. Dabei war die Optik und der grundsätzliche Plot eines TV-Kommissars, der nun in echten Fällen ermittelt, tatsächlich spannend. Die ständig schiefe Kamera und der etwas zu blöde geratene Hauptdarsteller waren dann aber doch etwas zu viel. Doch das sind Kritikpunkte, die man leicht anpassen könnte und ich würde gern sehen, wie die Serie weitergeht … endet sie doch mit einem Cliffhanger.

Der "Proll" aus German Angst. (Screenshot: ZDFneo)
Der „Proll“ aus German Angst. (Screenshot: ZDFneo)

German Angst wollte Vorurteile angehen und sich mit diesen beschäftigen, um sie eventuell gar aus der Welt zu räumen. Doch kam in der Sendung wenig Neues oder nachdenklich machendes. Stattdessen Informationen, die der durchschnittliche ZDF-Zuschauer schon wissen sollte. So ging es um das Leben der Muslime in Deutschland und wie sie ihre Traditionen im Alltag ausleben. Zwischendurch verkleidete sich der Moderator sogar als „Proll“ mit Vorurteilen, die er offen aussprach. Es sollte gezeigt werden, wie der „Normalbürger“ darauf reagiert. Doch was er sagte, war eigentlich egal. Niemand hätte diesem Unsympath zugestimmt.

Der Moderator von Teddy’s Show, der durch ein Youtube-Video einigen bekannt sein dürfte, wirkte mir etwas zu aufgedreht und gleichermaßen selbstverliebt. Zwar musste man bei dem einen oder anderen Witz lachen, doch vieles war auch einfach unverständlich oder kurz: unlustig. Dabei hatte er als einziger eine Band, ein Studiopublikum und – was ich sehr liebe – einen Music-Act zum Abschluss der Sendung.

Jetzt nähern wir uns aber langsam meiner persönlichen Top 3. Wieso drei, wenn noch vier Formate übrig sind? Das schnell zusammengeschnittene Wie geil ist das denn!? mit Caro Korneli ist in kurzen Happen unterhaltsam. Sie traut sich mal mehr, mal weniger spannende Dinge, die sie – bis dato – noch nicht gemacht hat. Dazu zählen eine Runde in der Kneipe geben, genauso wie mit einem Panzer einparken. Doch sehe ich das Ganze eher als Rubrik in Kuttners Bambule, welches für mich auf Platz 3 liegt. Für 30 Minuten allein hat Wie geil ist das denn!? einfach nicht genug geboten.

Bambule wiederum ist ein Magazin, das aber auf den ersten Blick nicht wie eines wirkt. Alle Themen gehen fließend ineinander über und sind in einer tollen Optik inszeniert. Dazu zählen unübliche, teils cineastische Kameraeinstellungen, genauso wie das Tracking von Einblendungen in die Umgebung oder an die Akteure. Außerdem trifft die Themenwahl – für mich als NEON-Leser – tatsächlich einen Nerv bei mir. Doch vieles wirkt einfach überinszeniert, was es manchmal schwer macht zu Unterscheiden, welcher „Beitrag“ jetzt echt ist und welcher nur auf Schauspielern aufbaut, um etwas zu verdeutlichen.

Auf meinem persönlichen Platz 2 befindet sich die Puppen-Comedy Ausgekuschelt. Eine Parodie auf das Kinderfernsehen genauso, wie auf die aktuelle Popkultur und das TV-Business ins Spezielle. Die Puppen – mal wieder inszeniert vom genialen Martin Reinl – agieren dabei in einer Welt in der Puppen und Menschen parallel existieren. Die Witze sind meist flach, aber genau auf den Punkt. Eine grobe Rahmenhandlung vereint am Ende alle wichtigen Stränge der einzelnen Charaktere. Bewusst zu jeder Folge einschalten würde ich wohl trotzdem nicht. Dafür wirkte alles nach der ersten Folge so auserzählt. Zumindest ging es mir damals beim Haselhörnchen genauso. Beim zapping hängen bleiben würde ich aber ganz bestimmt.

Übertrumpft wurde die Sendung meiner Meinung nach nur durch das Kinomagazin Moviacs. Das landete auf meinem persönlichen Platz 1. Will man sich kurz fassen, umschreibt man es als GameOne für Filme. Doch das ist beinahe zu kurz. In die Sendung und vor allem ins Detail wurde hier sehr viel Arbeit gesteckt. Sei es das urige Kellerstudio oder die an jeder Ecke untergebrachten Filmtrivia. Außerdem geizen die beiden Charaktere nicht mit Kritik. Filme werden nicht schön geredet, nur weil alle es sagen. Nein, wenn etwas schlecht ist, wird es Thematisiert, bei There Will Be Blood sogar mit Bud Spencer Sounds in einer Montage untermalt.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich – trotz einiger Schwächen in den Formaten – begeistert war von all diesen neuen Ideen. Jetzt hoffe ich , dass das Niveau nächstes Jahr im Hauptprogramm genauso hoch bleibt, wenn nicht sogar gesteigert werden kann. Wer die Sendungen noch nicht gesehen hat, sollte sich auf jeden Fall die Zeit nehmen und einmal darauf einlassen. Ich jedenfalls habe es nicht bereut und hatte fünf Stunden kurzweilige Fernsehunterhaltung am Stück! Das hat man viel zu selten heutzutage. Darum: Einschalten!