Facebook Empfehlungen (Foto: Frank Krause)
Facebook Empfehlungen (Foto: Frank Krause)

Empfehlungen im Netz? Algorithmen, ihr nervt!

Computer machen alles besser, haben sie gesagt. Big Data ist der neue Markt, haben sie gesagt. Mit den neuen Mitteln wird das Netz viel besser und persönlicher haben sie gesagt. Irgendwann wissen die Maschinen mehr über einen, als man selbst. Das mag sein. Aber wisst ihr was: Diese ganze Personalisierung im Netz funktioniert bei mir trotzdem oft schlechter als jede noch so schlechte Heavy Rotation eines Radiosenders.

Empfehlungen von Freunden

Früher habe ich Empfehlungen aus dem Fernsehen, Zeitschriften oder dem Freundeskreis bekommen. „Hey kennst du schon …?“ fingen viele Gespräche, vor allem auf dem Schulhof, an. Und irgendwie funktionierte das. Bücher, Musik und vor allem Videospiele, die ich hatte, waren auch immer irgendwie von meinem Umfeld geprägt. Wirklich herbe Enttäuschungen geb es nur selten.

Und dann kam irgendwann das Internet in mein Leben und die ganze Misere nahm ihren Lauf. Was bei Last.fm noch irgendwie funktionierte und ich immer wieder neue Musik entdeckte, die mir gefiel, kam bei anderen Plattformen oft einfach nur Quatsch dabei raus, wenn mir etwas empfohlen wurde.

Eine Lampe ist nie genug

Seit mittlerweile 2005 bestelle ich regelmäßig etwas bei Amazon. Ich klicke mich durch Produkte und Kategorien, wenn ich gerade mal wieder etwas brauche, um den Mindestbestellwert zu erreichen oder einfach ein Geburtstagsgeschenk suche. Und, was soll ich sagen? Habe ich ein Buch über eine Programmiersprache bestellt, bekomme ich beim nächsten Besuch zehn weitere empfohlen. Kaufe ich eine Lampe, werden mir die nächsten zwei Wochen nur noch Lampen angezeigt und so weiter. Wollt ihr mich verarschen? Wenn ich schon etwas gekauft habe, warum bietet ihr mir dann noch einmal dasselbe an?
Das Einzige was ich bei Amazon wirklich nutze, sind die Verkaufscharts. Etwa wenn ich mal wieder ein neues Sachbuch suche oder nicht weiß, was für ein Spiel ich auf der PS4 als nächstes spielen soll. Und, wer hätte das gedacht, die sind nicht durch irgendwelche Algorithmen zustanden gekommen, sondern durch Menschen, die sich in ihrer Masse für etwas entschieden haben.

Ein anderes Beispiel ist Netflix. Ich, Kunde der ersten Stunde in Deutschland, schaue nicht übermäßig viel. Aber wenn mich eine Serie oder Film begeistert, dann schaue ich das auch gern am Stück. Wenn ich etwas zwischendurch abbreche, dann gefällt mir das Machwerk einfach nicht.
Trotzdem bekomme ich nach über 12 Monaten immer noch die Serien empfohlen, die ich nach ein oder zwei Folgen nicht weiter geschaut habe. Und weil mir eine Steve Jobs Doku gefallen hat, soll mir auch ein Biopic über 50 Cent zusagen? Nee, oder? Stattdessen vertraue ich bei neuen Serien lieber auf die Empfehlung von Freunden oder Experten.

Ständig muss ich Posts bei Facebook von Hand ausblenden (Screenshot: Facebook / Frank Krause)Was mich in letzter Zeit aber am meisten aufgeregt hat, war das letzte Update des Facebook-Newsfeeds. Vor allem Dinge, die meine Freunde liken oder kommentieren werden in meine Timeline gespült. Hauptsächlich von denen, mit denen ich aktuell auch viel per Direktnachricht kommuniziere. Klingt also logisch, dass wir dann automatisch dieselben Interessen haben, nicht wahr? Falsch. Wenn ich die 100. Prominews oder den 90. Tierschutz-Post von Hand ausblenden muss, ist das nur noch lästig. Stattdessen werden mir Posts von Seiten, die ich abonniert habe und die ich (offensichtlich) regelmäßig von Hand besuche, teilweise gar nicht erst angezeigt. Hey Facebook, das macht es mir nicht leichter, sondern schwerer mit den Inhalten korrekt umzugehen. Als Nachrichtenquelle ist die Plattform für mich aktuell ohnehin tot, weil auch hier die ewig gleichen Inhalte in meine Timeline gespült werden. Im ungefilterten Twitter-Feed bekomme ich deutlich mehr davon mit, was in der Welt passiert.

Das sind nur einige Beispiele, die sich beim Ausspiel von Werbung oder beim empfehlen von Videos auf Youtube beliebig fortsetzen ließen. Aber das will ich nicht.

Sammelwut wider Willen – und wider Nutzen

Ein nützliches Big Data Projekt: Open Street Map (Screenshot: Open Street Map / Frank Krause)Wir leben in einer Zeit, in der über die Sammelwut von Geheimdiensten, Unternehmen und Werbetreibenden diskutiert wird. Aber solang ich solche Ergebnisse präsentiert bekomme, frage ich mich, was die den lieben langen Tag damit machen? Aktuell hat Big Data für mich nur einen Wert, wenn sie von Menschen ausgewertet wird. Denken wir an OpenStreetMap, den Auswertungen auf Zeit.de oder im weitesten Sinne auch Wikipedia.
Aber sobald eine Maschine versucht mich allein aus meinen Daten heraus zu verstehen, läuft regelmäßig etwas schief.

Jetzt mag man sagen, dass ich vielleicht nicht ganz so unbedarft mit meinen Daten umgehe, ein Konsument außerhalb irgendwelcher Normen bin oder sich mein Geschmack wöchentlich ändern. Aber auch damit kommen Menschen klar und können auf mich eingehen. Bei den Algorithmen wird es wohl noch ein paar Jahre dauern, bis ich eine die erste Online-Werbung sehe, bei der ich tatsächlich aus eigener Überzeugung heraus bereit bin darauf zu klicken.