Youtube kann so vieles sein. Unterhaltung, Emotion, Wissen, Spaß. Teilweise wird es als der Nachfolger des Fernsehens gehandelt. Und auf gewisse Weise ist es das. Hatte ich früher Langeweile, habe ich den Fernseher eingeschaltet, um mich abzulenken. Habe ich heute ein paar freie Minuten, schaue ich mir Youtube-Videos an. Ich kann mir sogar aussuchen was ich sehen will. Es ist eine Art Fastfood-Eskapismus. Meist ist es aber nur eines: Fließbandarbeit.
Wenn ich mich Abends noch einmal an den Rechner setze, um eigene Projekte zu verfolgen, um zu entspannen oder die News des Tages nachzuholen, läuft oft nebenbei Youtube. Viele Kanäle schaue ich schon seit Jahren, die Youtuber gehören genauso zum Alltag, wie ein Günther Jauch oder eine Gundula Gause. Wo Youtube jetzt aber das Besondere, das auf Augenhöhe kommunizieren, sein könnte, verfällt der Inhalt immer mehr und mehr zum bloßen Fastfood. Ein Let’s Play hier, ein Unboxing da und ab und zu mal ein semi-lustiger Sketch.
Alles, was mich die letzten Jahre am Fernsehen gestört hat, und da gibt es einiges, hält auch nach und nach Einzug bei Youtube. Inhalte müssen zwingen regelmäßig kommen, werden straff formatiert und erfreuen sich an der eigenen Banalität. Es ist Fließbandarbeit und Youtube selbst befeuert diesen Prozess auch noch. Es wird mit Werbeeinnahmen und Reichweite gelockt. Dafür muss man aber auch bitteschön den Algorithmus füttern, jede Woche mindestens ein Video produzieren, die Zuschauer schnell einfangen, die Vorschaubilder und Überschriften schön auffällig gestalten und am Ende alle auffordern doch bitte zu liken, zu abonnieren und zu kommentieren. Denn sonst geht man erst recht unter im aufmerksamkeitsheischenden Youtube-Kosmos.
Die Trends, ein Fest der Banalitäten
Seit einigen Monaten gibt es sogar eine Trends-Funktion, klicke ich drauf werde ich nur noch mit irgendwelchen Let’s Plays, Pranks oder Q&As zugemüllt. Wirklich relevanten Inhalte? Fehlanzeige.
Und warum schauen so viele kein Fernsehen mehr? Unterschichtenfernsehen? Ständig nur Wiederholungen? Ideen, die sowieso nur aus den USA, oder anderen Ländern, kopiert werden? Ähm, hallo? Merkt ihr was? Genau das wiederholt sich auch bei Youtube. Dem einzelnen Künstler, der viel Zeit und Energie in seine Videos steckt, wird kaum Platz eingeräumt. Auch bei meinen sogenannten „Empfehlungen“ auf Youtube findet sich immer nur derselbe belanglose Quatsch, den ich schon vor fünf Minuten gesehen habe. Die Watchtime soll ja verlängert werden. Weitsichtig ist das nicht, da ich so auf keinen Fall neue und interessanten Inhalte entdecke.
Doch die gibt es tatsächlich. Nur sind das meist Glückstreffer, weil sie mir von echten Menschen empfohlen werden oder weil ich in den Suchergebnissen auch mal auf Seite 5 geklickt habe.
Zeigt uns die guten Inhalte, ihr habt sie!
Von inhaltlichen Vorstößen, wie Youtube Red hört man hierzulande kaum noch etwas, die Original Channels waren eine Katastrophe und Netzwerke beschleunigen die Banalisierung oft nur. Und an die Stellschraube Inhalte zu kuratieren, sie eben nicht nur vom Klickvieh abhängig zu machen, traut sich Youtube nicht heran. Stattdessen unterstützt man lieber mehr vom immer gleichen – es klickt halt gut.
Mich nervt diese kalkulierte Fastfood-Unterhaltung. Und genauso, wie bei einem McDonald’s-Burger frage ich mich nach zwei Stunden: Hättest du dein Geld und deine Zeit nicht besser investieren können?